Was sind digitale soziale Netzwerke?

Soziale Netzwerke haben sich in den letzteren Jahren in ein echtes Phänomen gewandelt. Laut einer in März 2012 von eMarketer.com veröffentlichten Studie, nutzt heuete jeder fünfte Mensch mindestens einmal im Monat ein soziales Netzwerk – und die Tendenz steigt. In einem ersten Schritt werde ich versuchen, die folgenden Frage zu beantworten: Was versteht man aber genau unter dem Begriff „soziales Netzwerk“, und welche sind ihre Kerneingenschaften?

Allgemein akzeptierte Definitionen von digitalen sozialen Netzwerken gibt es zur Zeit keine. In der Wissenschaft haben sich jedoch mehrere Wissenschaftler mit dem Thema auseinandergestzt. In ihrem Artikel „On Social Websites“ haben Kim, Jeong and Lee (2009, S. 216) eine ausführliche Defnition von sozialen Websites formuliert:

Soziale Websites sind die Websites, die es den Menschen ermöglichen, Online-Gemeinschaften zu gründen und nutzererstellte Inhalte zu teilen, wobei 1) die Menschen sowohl beliebige Internetnutzer als auch Mitglieder einer bestimmten Organisation sein können, 2) die Gemeinschaften (auf Englisch Online-Communities genannt) Netzwerke von offline-Freunden, online-Bekanntschaften oder Interessengruppen sein können, 3) die nutzererstellten Inhalte (auf Englisch user-created contents, UCCs abgekürzt) sowohl Fotos und Videos als auch Online-Lesezeichen oder persönliche Angaben, Kommentare usw. sein können und 4) dasSocial network sites: Definition, history, and scholarshi Teilen  als mindestens das Posten, Anschauen and Kommentieren von den Inhalten  verstanden wird.

Diese Definition bezieht sich zwar sowohl auf die nutzerorientierten sozialen Netzwerke (wie z. B. Facebook und Myspace bzw. unser eigentliches Thema) als auch auf die inhaltorientierten sozialen Websites (wie u.a. Youtube und Flickr, welche wir in diesem Blog nicht weiterdiskutieren werden), und bleibt also für diesen Blog noch zu allgemein; sie hat aber den Vorteil, dass sie uns mit den wichtigen Begriffen der sozialen Netzwerke vertraut macht und dadurch ein guter Einstieg ins Thema bildet.

Eine lediglich auf die sozialen Netzwerke fokussierte Definition ist die von Boyd und Ellison (2008, S.211) im Artikel „Social network sites: Definition, history, and scholarship„:

Soziale Netzwerke sind Web-basierte Dienste, die es den Menschen ermöglichen, erstens öffentliche oder semi-öffentliche Profile in einem begrenzten System zu erfassen, zweitens eine Liste von den Nutzern zu erhalten, mit denen sie eine Verbindung haben (oft „Freunde“ genannt) und drittens ihre eigene Online-Bekanntschaften-Liste sowie die Liste der sich in der Liste befindenen „Freunde“ anzuschauen.

In diesem letzten Punkt liegt die einzigartige Eigenschaft der sozialen Netzwerke (man spricht von „Public Displays of Connection“ (Donath und Boyd 2004)), denn durch sie können zwischen Menschen Verbindungen gemacht werden, die sonst unsichtbar geblieben wären oder gar nicht existiert hätten.

Um die von den sozialen Netzwerken angebotenen Möglichkeiten sowie ihre Funktionsweise besser zu verstehen, ist es hilfreich, sich ihre wesentliche Bestandteile näher anzuschauen. Kim, Jeong und Lee (2009, S. 218) haben acht allgemeingültige Bestandteile (features) von sozialen Netzwerken identifiziert:

  1. Persönliche Profile: Alle Benutzer können sich ein Benutzerprofil anlegen. In der Regel können sie auch bestimmen, wer welche persönliche Daten sehen darf (Privatsphäre-Einstellungen).
  2. Anknüpfen von Online-Bekanntschaften bzw. „Freunden“: Nutzer können durch ihre Online-Bekanntschaften weitere „Freunde“ finden.
  3. Teilnahme an Online-Gruppen: Nutzer können sich mit schon exisiterenden Gruppen verbinden und sogar selber neue Gruppen gründen.
  4. Kommunizieren mit Freunden: Nutzer können durch email, instant messaging, text-messaging, public and private bulletin boards und Internet phone service sowohl mit ihren Freunden als auch mit weiteren Nutzern kommunizieren.
  5. Teilen von nutzererstellen Inhalten: Nutzer können verschiene selbsterstellte Inhaltstype wie z.B. Blogs, Fotos, Videos, Musik, Lesezeichen und Text veröffentlichen und mit ihren Freunden teilen. Sie können auch die Inhalte, die ihnen gefallen (aber die sie nicht selber erstellt haben), ihren Freunden weiterleiten, indem sie einen „Like“- oder einen „Share“-Button anclicken.
  6. Ausdrücken von Meinungen: Nutzer können sowohl die von Freunden veröffentlichten Inhalte als auch ihre eigene kommentieren.
  7. Finden von Information: Sowohl Mitglieder als auch Nicht-Mitglieder können nach Namen, Gruppennamen und nutzererstellten Inhalte suchen.
  8. „Locken“ von Nutzern: die sozialen Netzwerke setzten verschiedene Mittel ein, damit die Nutzer sich regelmässig einloggen bzw. möglichst oft das Netzwerk besuchen. Typisch ist das Anzeigen von Daten, die die Nutzer interessieren (können), wie zum Beispiel die zuletzt veröffentlichten Inhalte.

Diese Kerneigenschaften, die in allen online Netzwerken vorhanden sind, verdeutlichen die Ziele der sozialen Netzwerke allgemein und zwar, das Gründen von Online-Gemeinschaften, das Interagieren zwischen Mitgliedern von solchen Gemeinschaften sowie das Teilen von nutzererstellen Inhalten (Kim et al. 2009, S. 218).  Aus diesem Grund sind die soziale Netzwerke auch mächtige (Selbst)marketingswerkzeuge, indem sie es den Nutzern ermöglichen, einerseits schnell und leicht miteinander zu kommunizieren und andererseits sich effizient den anderen vorzustellen (Heidemann et al. 2012, s. 3).

Dies bedeutet aber nicht, dass alle sozialen Netwerke im Web ähnlich sind. Es gibt nämlich sowohl private als auch professionelle („business“) Netzwerke (wie z.B. LinkedIn), in denen das Aufrechterhalten von professionellen Beziehungen und das Suchen nach Arbeit im Vordergrund stehen (Heidemann et al. 2012, S. 6). Weiterhin kann das Thema bzw. die Themen der geteilten Nutzerinhalte ein weiteres Differenzierungskriterium von digitalen sozialen Netzwerken sein. So gibt es neben den „allgemeinen“ Netzwerken (d.h. Netzwerke, wo man beliebige Themen ansprechen kann, wie typischerweise Facebook) auch Netzwerke, die auf ein bestimmtes Themengebiet fokussieren (Heidemann et al. 2012, s. 6).

In diesem Blog werden wir uns mit den privaten, allgemeinen digitalen sozialen Netzwerke befassen.

Im nächsten Post werde ich mich den Nutzungsmotiven von digitalen sozialen Netzwerken widmen.

Detaillierte Quellenangaben

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