Soziale Online-Netzwerke, Selbstmarketing und Selbstachtung

https://i0.wp.com/blogs-images.forbes.com/alicegwalton/files/2012/04/0917_facebook-not-life_416x416.jpgBildquelle: forbes.com

Die „Selbstachtung“ wird in der Regel als die persönliche Einschätzung des Selbstwertes definiert (Valkenburg, Peter und Schouten 2006, „Friend Networking Sites and Their Relationship to Adolescents‘ Well-Being and Social Self-Esteem, S. 585). In Bezug auf die sozialen Netzerke im Web wurde und wird das Thema immer noch sehr stark diskutiert. In diesem Post möchte ich Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung vermitteln. Wie wirken die sozialen Online-Netzwerke auf die Selbstachtung und welche Rolle spielt das Selbstmarketing dabei?

Die grosse Mehrhreit der bisherigen Studien, die sich mit der Wirkung von sozialen Online-Netzwerken auf die Selbstachtung deren Nutzer befasst haben, sind zum Ergebnis gekommen, dass sie die Selbstachtung positiv beeinflussen. Personen, die eine geringe Selbstachtung haben, gehen sogar öfter auf digitale soziale Netzwerke und verbringen dort mehr Zeit als Personen, die eine höhe Selbstachtung haben (Mehdizadeh 2010, „Self-Presentation 2.0: Narcissism and Self-Esteem on Facebook“). Die Wissenschaftler haben alle dieselbe Erklärung für dieses Phänomen: die Möglichkeit, sich in sozialen Online-Netzwerken besser selbstpräsentieren zu können. Durch (selektive) Selbstpräsentation bzw. Selbstdarstellung ist man in der Lage, ein sozial begehrenswertes Selbstbild zu erstellen, anhand von dem man seinen Selbstwert positiver einschätzt. Dies führt zu einer Erhöhung des Selbstachtungsgrads (Gonzales and Hancock 2011, „Mirror, Mirror on My Facebook Wall: Effects of Exposure to Facebook on Self-Esteem“ und Gentile, Twenge, Freeman und Campbell 2012, “The effect of social networking websites on positive self-views: An experimental investigation”). Im weiteren Sinne können wir also zu dem Schluss kommen, dass Selbstmarketing in digitalen sozialen Netzwerken zu betreiben generell zu einer Erhöhung der Selbstachtung führt.

Es gibt aber ein Element, das wir noch nicht angesprochen haben, und zwar das Feedback bzw. die Rückmeldung von weiteren Nutzern des sozialen Netzwerks. Das persönliche Profil, die Status-Änderungen sowie die Fotos können u.a. von anderen gesehen und kommentiert werden. Diese Kommentare sind dann für alle weitere Nutzer sichtbar, die zum persönlichen Netzwerk gehören. Die 2006 Studie von Valkenburg et al. hat gezeigt, dass die Häufigkeit bzw. die Anzahl dieser Rückmeldungen sowie deren Ton (positiv oder negativ) einen bedeutenden Einfluss auf die Selbstachtung üben. Für mich ist es auch eine Frage der Akzeptanz: wenn wir positive Rückmeldungen bekommen, haben wir das Gefühl, geschätzt zu sein, und demzufolge fühlen wir uns auch „wertvoller“. Logischerweise sollten also negative Rückmeldungen den umgekehrten Effekt produzieren, d.h. dazu führen, dass wir uns ausgeschlossen, verachtet fühlen und, dass unsere Selbstachtung dementsprechend sinkt. Genau dieses Phänomen haben Valkenburg et al. durch ihre Studie entdeckt: Leute, die ständig oder vorwiegend positive Rückmeldungen bekommen, gewinnen an Selbstachtung, während Leute, die ständig oder vorwiegend negative Rückmeldungen bekommen, verlieren an Selbstachtung. Und da diese Rückmeldungen ein riesiges Verbreitungspotenzial haben, reichen einige, um grosse psychologische Schaden zu provozieren – vor allem bei Jugendlichen, für die die Meinung, die Andere von ihnen haben besonders wichtig ist (Valkenburg et al. 2006).

Als Fazit möchte ich betonen, dass man sich immer mit viele Vorsicht in sozialen Online-Netzwerken selbstvermarkten sollte bzw. die Bedeutung der Selbstüberwachung nicht unterschätzen. Einmal, dass wir diese Online-Repräsentation von uns selbst erstellt haben, ist es nur normal, dass man sich einigermassen mit ihr identifiziert. Wenn alles gut klappt, d.h., wenn unser Bild gut bei unseren Freunden ankommt, kann es sich sehr günstig auf uns auswirken. Wenn dagegen etwas schief läuft, muss man sehr schnell reagieren und sich anpassen, damit man den Leuten, die uns negative Rückmeldungen schicken, keine Chance gibt, unsere Online- und reale Persona zu beschädigen. Hier denke ich vor allem an das Cyber-Mobbing, für welches soziale Online-Netzwerke sich leider auch sehr gut eignen. Nicht alle Nutzer sozialer Web-Dienste haben gute Absichte. Vor allem die Leute, die auf digitale soziale Netzwerke gehen, um ihren Selbstachtungsgrad zu erhöhen, sollen Massnahmen treffen, um sich vor solchen Angriffen zu schützen. Zu den Kommentaren, die auf unsere Seite verlassen werden, sind wir ständig konfrontiert, und die Wirkung von negativen und evt. auch bösen Rückmeldungen ist nicht zu unterschätzen.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? Haben Sie schon negative Rückmeldungen in sozialen Online-Netzwerken bekommen? Wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert? Glauben Sie, dass solche Rückmeldungen kurz- oder langfristig Ihren Selbstwertgefühl bzw. Ihre Selbstachtung beeinflussen könnte?