Selbstüberwachung und Image Control in digitalen Sozialen Netzwerken

https://i0.wp.com/us.123rf.com/400wm/400/400/dompr/dompr1011/dompr101100006/8179133-businessman-sitting-next-to-a-laptop-and-was-horrified-to-look-at-the-screen-his-head-in-his-hands-i.jpgBildquelle: 123rf.com

 Ein Kernelement im Selbstmarketing bildet die Selbstüberwachung (siehe „Was ist das Selbstmarketing?“). Ständig muss man prüfen, ob man tatsächlich so wahrgenommen wird, wie man es vorgesehen hatte. Dies macht man, indem man überwacht, was die Anderen über uns sagen (z.B. Kommentare) und publizieren (z.B. Fotos).  Die Möglichkeit, dass auch andere Nutzer zu unserem Profil beitragen können, ist sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche von digitalen sozialen Netzwerken: wenn diese Fremdinhalte positiv sind bzw. der von uns gewünschten Online-Repräsentation entsprechen, ist es eine Stärke; aber wenn diese Inhalte negativ sind, d.h. wenn sie unserem Online-Bild widersprechen, ist es eine Schwäche und sogar eine Gefahr.

Die Tatsache, dass Dritte nicht nur Inhalte über uns veröffentlichen können, sondern auch sie durch die selben Kommunikationskanäle und zum selben Publikum wie wir vermitteln können, stellt die grösste Gefahr für unsere Selbstmarketingsstrategie dar. Der Grund dafür ist, dass wir nur reduzierte Kontrollmöglichkeiten über was über uns gepostet wird haben. Tatsächlich können wir z.B. lediglich Kommentare zu unseren eigenen Inhalten löschen. Wir können uns in Fotos „untaggen“, aber wenn das Foto nicht von uns veröffentlicht wurde, können wir es auch nicht löschen. Dazu kommt noch, dass selbst wenn wir einen über uns unerwünschten Inhalt löschen können, dieser Inhalt sehr wahrscheinlich schon von weiteren Nutzern gesehen sowie – und das ist eigentlich das grosse Problem – weitergeleitet wurde, typischerweise indem sie diesen Inhalt „liked“ haben. Wenn das so weit ist, dann können wir nichts mehr viel dagegen tun, denn es ist extrem schwer, Daten im Internet vollständig zu löschen. Das Internet vergisst nichts, und nie.

Es kann also extrem schnell passieren, dass man die Kontrolle über das eigene Online-Bild verliert. Es reicht, dass jemand einen für unsere Online-Persona schädlichen Inhalt auf ein soziales Netzwerk publiziert, damit die Kredibilität unseres Profils zerstört wird. Schlimmer ist noch, dass dieser Kredibilitätsverlust sowohl unser Online- als auch unser Offline-Leben betreffen kann, da es üblich ist, in digitalen sozialen Netzwerken mit Offline-Freunden und sogar Familienmitgliedern „befreundet“ zu sein. Das bedeutet auch, dass wir darunter nicht nur privat, sondern auch beruflich leiden können. Ein extremes und tragisches Beispiel von den Konsequenzen, die von dem Publizieren unerwünschter bzw. schädlicher Inhalten von Dritten in sozialen Online-Netzwerken kommen können, ist der Selbstmord der 15-jährigen Amanda Todd.

Die Gefahr des ungenehmigten und unerwünschten Publizierens von Inhalten, die einen unter einem schädlichen, peinlichen und unangenehmen Licht zeigen können, ist also in sozialen Netzwerken im Web sehr ernst zu nehmen. Sie betrifft alle Nutzer von solchen Netzwerken – und sogar alle Nutzer des Internets. Denn obwohl digitale soziale Netzwerke eine besonders günstige Umgebung für solche Angriffe bilden, können auch dafür andere soziale Medien benutzt werden, wie typischerweise Youtube. In Zusammenhang mit Selbstmarketing scheint mir jedoch das Thema besonders wichtig, da Selbstmarketingsparktiker aktiv versuchen zu überwachen und zu beeinflussen, was über sie gesagt und publiziert wird. Unberuhigend ist, dass man sich dagegen nicht wirklich schützen können; wir können nur hoffen, dass wenn so was passieren sollte, wir so schnell wie möglich die Verbreitung der betroffenen Inhalten verhindern können.

Was halten Sie vom Thema? Haben Sie schon eine solche Erfahrung gemacht? Haben Sie vieilleicht „Schutz“-vorschläge? Ihre Meinung interessiert mich!

Für diesen Post habe ich mich z.T. auf einen Artikel von Andrew Smock bezogen: „Self-Presentation on Facebook: Managing Content Created by the User and Others“ (2010). Die detaillierten Quellenangaben finden Sie, wie auch immer, auf CiteuLike.

Im nächsten Post werde ich die Frage der Sucht nach sozialen Online-Netzwerken ansprechen und versuchen herauszufinden, welche Rolle das Selbstmarketing darin spielen kann. Kann es uns süchtig werden lassen?

Soziale Online-Netzwerke, Selbstmarketing und Narzissmus

https://i0.wp.com/www.f1online.de/premid/004494000/4494494.jpgNeuere Studien haben gezeigt, dass die Jugendlichen von heute selbstverliebter sind als die vorherigen Generationen. Diese Tatsache wird in der Fachliteratur oft in Zusammenhang mit digitalen sozialen Netzwerken besprochen: sind solche Netzwerke der Grund dafür, weshalb wir anscheinend zum Narzissmus neigen? (Bergman, Fearrington, Davenport, Bergman 2011, „Millenials, narcissism and social networking: What narcissists do on social networking sites and why“). Diese Hypothese beruht auf dem Argument, dass die Selbstmarketingsmöglichkeiten, die soziale Netzwerke im Web anbieten, eine ideale Umgebung für narzisstische Menschen aus ihnen machen (Bergman et al. 2011). In diesem Post möchte ich mich also mit der folgenden Fragestellung auseinandersetzen: führt das Selbstmarketing auf sozialen Online-Netzwerken zum Narzissmus?

Zuerst muss definiert werden, was mit den Begriffen „Narzissmus“ und „Narzissten“ gemeint ist. Der Narzissmus bezeichnet einen Persönlichkeitszug, der sich durch ein überpositives Selbstbild charakterisiert (Buffardi und Campbell 2008, „Narcissism and Social Networking Web Sites“). Die narzissten Persönlichkeiten betrachten sich selbst als „höher“ bzw. besser als ihre Mitmenschen, besonders was den gesellschaftlichen Status, das Aussehen, die Beliebtheit und die Klugheit betrifft. Sie streben ständig danach, von anderen bewundert zu werden und suchen immer nach Weisen, bemerkt zu werden (Gentile, Twenge, Freeman und Campbell 2012, „“The effect of social networking on positive self-views: an experimental investigation“). Weitherin mangeln sie an Empathie und bevorzugen künstliche, nicht-emotionale Beziehungen. Aus diesen Gründen sind auch Narzissten überzeugte Selbstmarketingspraktiker (Gentile et al. 2012, S.1930; Buffardi und Campbell 2008, S. 1308), nicht zuletzt in sozialen Online-Netzwerken. Demzufolge sind auch in der Regel im persönlichen Online-Netzwerk eine höhe Anzahl an narzisstischen Personen zu finden – denn solche Personen haben auf digitalen sozialen Netzwerke mehr „Freunde“ als nicht-narzisstische Menschen. Jetzt stellt sich die Frage, ob die Tatsache, dass man oft mit narzisstischen Leuten in sozialen Online-Netzwerken, dazu führt, dass man selber narzisstische Neigungen entwickelt (Buffardi und Campbell 2008, S. 1311); die Prävalenz von narzisstischen Persönlichkeiten in digitalen sozialen Netzwerke könnte verursachen, dass das narzisstische Verhalten als akzeptabel bertachtet wird und, dass dadurch sich mehr Personen dazu widmen (Ryan und Xenos 2011, „Who uses Facebook? An investigation into the relationship between the Big Five, shyness, narcissism, loneliness and Facebook usage“).

Obwohl diese Frage bisher noch unbeantwortet bleibt (bis jetzt hat keine Studie bewiesen können, dass es tatsächlich einen solchen Zusammenhang gibt), finde ich das Thema sehr fragenaufwerfend – besonders in Bezug auf das Selbstmarketing. Erstens sind meiner Meinung nach Selbstmarketingspraktiker u.U. beinflussbarer als andere Nutzer von sozialen Online-Netzwerken Narzissten gegenüber. Dies liegt daran, dass wenn man versucht, die bestmögliche Selbstpromotionsstrategie zu entwickeln, man logischerweise auch ein Bisschen beobachtet, wie andere es machen. Zweitens denke ich, dass man sich durch das Werben für sich selbst in Gefahr begibt, ein falsches, unrealistisches Selbstbild zu entwickeln. Kern des Selbstmarketings ist es ja, sich unter einem schmeichelhaften Licht den Anderen vorzustellen: wird es einem dann nicht zu unangenehm, sich mit seinen Fehlern zu akzeptieren? Besteht nicht die Gefahr, dass unser Online-Bild uns so sehr gefällt, dass wir uns mit ihm identifizieren und vergessen, dass wir anders sind, und dadurch auch ein narzisstisches Verhalten entwickeln?

Was denken Sie? Glauben Sie, dass das Selbstmarketing uns dazu führen kann, narzisstisch zu werden?

Im nächsten Post werde ich mich mit der Frage der Selbstüberwachung in digitalen sozialen Netzwerken und den damit verbundenen Gefahren auseinandersetzen.

Detaillierte Quellenangaben

Soziale Online-Netzwerke, Selbstmarketing und Selbstachtung

https://i0.wp.com/blogs-images.forbes.com/alicegwalton/files/2012/04/0917_facebook-not-life_416x416.jpgBildquelle: forbes.com

Die „Selbstachtung“ wird in der Regel als die persönliche Einschätzung des Selbstwertes definiert (Valkenburg, Peter und Schouten 2006, „Friend Networking Sites and Their Relationship to Adolescents‘ Well-Being and Social Self-Esteem, S. 585). In Bezug auf die sozialen Netzerke im Web wurde und wird das Thema immer noch sehr stark diskutiert. In diesem Post möchte ich Ihnen einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung vermitteln. Wie wirken die sozialen Online-Netzwerke auf die Selbstachtung und welche Rolle spielt das Selbstmarketing dabei?

Die grosse Mehrhreit der bisherigen Studien, die sich mit der Wirkung von sozialen Online-Netzwerken auf die Selbstachtung deren Nutzer befasst haben, sind zum Ergebnis gekommen, dass sie die Selbstachtung positiv beeinflussen. Personen, die eine geringe Selbstachtung haben, gehen sogar öfter auf digitale soziale Netzwerke und verbringen dort mehr Zeit als Personen, die eine höhe Selbstachtung haben (Mehdizadeh 2010, „Self-Presentation 2.0: Narcissism and Self-Esteem on Facebook“). Die Wissenschaftler haben alle dieselbe Erklärung für dieses Phänomen: die Möglichkeit, sich in sozialen Online-Netzwerken besser selbstpräsentieren zu können. Durch (selektive) Selbstpräsentation bzw. Selbstdarstellung ist man in der Lage, ein sozial begehrenswertes Selbstbild zu erstellen, anhand von dem man seinen Selbstwert positiver einschätzt. Dies führt zu einer Erhöhung des Selbstachtungsgrads (Gonzales and Hancock 2011, „Mirror, Mirror on My Facebook Wall: Effects of Exposure to Facebook on Self-Esteem“ und Gentile, Twenge, Freeman und Campbell 2012, “The effect of social networking websites on positive self-views: An experimental investigation”). Im weiteren Sinne können wir also zu dem Schluss kommen, dass Selbstmarketing in digitalen sozialen Netzwerken zu betreiben generell zu einer Erhöhung der Selbstachtung führt.

Es gibt aber ein Element, das wir noch nicht angesprochen haben, und zwar das Feedback bzw. die Rückmeldung von weiteren Nutzern des sozialen Netzwerks. Das persönliche Profil, die Status-Änderungen sowie die Fotos können u.a. von anderen gesehen und kommentiert werden. Diese Kommentare sind dann für alle weitere Nutzer sichtbar, die zum persönlichen Netzwerk gehören. Die 2006 Studie von Valkenburg et al. hat gezeigt, dass die Häufigkeit bzw. die Anzahl dieser Rückmeldungen sowie deren Ton (positiv oder negativ) einen bedeutenden Einfluss auf die Selbstachtung üben. Für mich ist es auch eine Frage der Akzeptanz: wenn wir positive Rückmeldungen bekommen, haben wir das Gefühl, geschätzt zu sein, und demzufolge fühlen wir uns auch „wertvoller“. Logischerweise sollten also negative Rückmeldungen den umgekehrten Effekt produzieren, d.h. dazu führen, dass wir uns ausgeschlossen, verachtet fühlen und, dass unsere Selbstachtung dementsprechend sinkt. Genau dieses Phänomen haben Valkenburg et al. durch ihre Studie entdeckt: Leute, die ständig oder vorwiegend positive Rückmeldungen bekommen, gewinnen an Selbstachtung, während Leute, die ständig oder vorwiegend negative Rückmeldungen bekommen, verlieren an Selbstachtung. Und da diese Rückmeldungen ein riesiges Verbreitungspotenzial haben, reichen einige, um grosse psychologische Schaden zu provozieren – vor allem bei Jugendlichen, für die die Meinung, die Andere von ihnen haben besonders wichtig ist (Valkenburg et al. 2006).

Als Fazit möchte ich betonen, dass man sich immer mit viele Vorsicht in sozialen Online-Netzwerken selbstvermarkten sollte bzw. die Bedeutung der Selbstüberwachung nicht unterschätzen. Einmal, dass wir diese Online-Repräsentation von uns selbst erstellt haben, ist es nur normal, dass man sich einigermassen mit ihr identifiziert. Wenn alles gut klappt, d.h., wenn unser Bild gut bei unseren Freunden ankommt, kann es sich sehr günstig auf uns auswirken. Wenn dagegen etwas schief läuft, muss man sehr schnell reagieren und sich anpassen, damit man den Leuten, die uns negative Rückmeldungen schicken, keine Chance gibt, unsere Online- und reale Persona zu beschädigen. Hier denke ich vor allem an das Cyber-Mobbing, für welches soziale Online-Netzwerke sich leider auch sehr gut eignen. Nicht alle Nutzer sozialer Web-Dienste haben gute Absichte. Vor allem die Leute, die auf digitale soziale Netzwerke gehen, um ihren Selbstachtungsgrad zu erhöhen, sollen Massnahmen treffen, um sich vor solchen Angriffen zu schützen. Zu den Kommentaren, die auf unsere Seite verlassen werden, sind wir ständig konfrontiert, und die Wirkung von negativen und evt. auch bösen Rückmeldungen ist nicht zu unterschätzen.

Was ist Ihre Meinung zum Thema? Haben Sie schon negative Rückmeldungen in sozialen Online-Netzwerken bekommen? Wenn ja, wie haben Sie darauf reagiert? Glauben Sie, dass solche Rückmeldungen kurz- oder langfristig Ihren Selbstwertgefühl bzw. Ihre Selbstachtung beeinflussen könnte?