Für diesen Post baue ich auf meinem vorherigen Artikel bzw. ich gehe davon aus, dass Motive für die Selbstdarstellung und weitere wesentliche Teile des Selbstmarketings wie z.B. das Networking oder die Selbstüberwachung auch als Motive für das Selbstmarketing betrachtet werden können.
Im Alltag ist es üblich, dass wir uns vor allem in Face-to-Face Gesprächen selbst inszenieren. Dem Soziologen Erving Goffman schreibt in seinem Buch „The Presentation of Self in Everyday Life“ , es liege daran, dass wir uns anderen gegenüber nicht blamieren und auch unseren Freuden nicht peinlich sein wollen (den Buchauszug, indem er diese Theorie erläutert, können Sie hier lesen). Digitale soziale Netzwerke stellen aber keine Face-to-Face Kommunikation dar. Was ist also hier der Grund, weshalb wir uns auch in sozialen Online-Netzwerken (vielleicht sogar mehr als in einer Offline-Umgebung) selbstdarstellen? Laut der Journalistin Lara Fritzsche in ihrem Presse-Artikel „Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken: wir Facebook-Schauspieler“ aus dem Jahr 2010, hat es mit einem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit zu tun. Dieser Meinung ist auch der Journalist und Autor Martin Simons („Was wir durch Facebook und Co. verlieren“, 2009), obwohl er noch hinzufügt, der Nachrichtenstrom von den sozialen Netzwerken gebe einem das Gefühl, „mit den Anderen verbunden und damit nicht allein zu sein“. Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit, ein der Hauptnutzungsmotive von sozialen Online-Netzwerken, ist also gleichzeitig auch ein Grund, weshalb wir Selbstmarketing machen.
[EDIT vom 26. November 2012:
Leute machen sich Sorgen darüber, wie sich von Anderen wahrgenommen werden bzw. was die Anderen von ihnen denken. Selbstpräsentation (hier mit Impression Management gleichgestellt) dient ihnen also dazu, bestimmte Eindrücke bei ihrem „Publikum“ bzw. ihrer sozialen Umgebung (in digitalen sozialen Netzwerken handelt es sich in der Regel von gleichaltrigen Freunden (Utz 2008, „(Selbst)marketing auf Hyves“)) zu erzeugen. Ziel dabei ist es, die anderen davon zu überzeugen, dass man einen bestimmten Typ von Person ist oder, dass man besondere Eigenschaften besitzt (Smock 2010, „Self-Presentation on Facebook: Managing content created by the user and others“). Weiterhin dient das Impression Management dem Aufbau und der Entwicklung der persönlichen Identität sowie der „Pflege“ der Selbstachtung.]
Persönlich denke ich, dass die Tatsache, dass wir in sozialen Online-Nezwerken nicht nur mit unseren Freunden, sondern auch mit Freunden von unseren Freunden kommunizieren können, uns unter einem gewissen Druck stellt, einen guten Eindruck zu machen. Hier beziehe ich mich auf die schon erwähnte Theorie von Erving Goffman (siehe oben), laut der wir unseren Freunden nicht peinlich sein wollen. Dazu kommt noch, dass wir durch ständige Austäusche mit unseren Freunden auch mehr von ihrem Leben erfahren, was auch ein Unsicherheitsgefühl bei uns verursachen kann, weil es uns dazu führt, unsere eigene Lebensweise ständig in Frage zu stellen: bin ich jetzt auch so cool? Meiner Meinung nach liegt dem – privat betriebenen – Selbstmarketing vor allem der Wunsch zugrunde, von seiner (virtuellen) Umgebung auch geschätzt zu werden, was einen hohen Akzeptanzgrad voraussetzt. Und damit man möglichst auf viele Akzeptanz stösst, ist es nur logisch, sich selbst unter einer möglichst angenehmen Perspektive zu präsentieren und sich in einer solchen Weise zu inszenieren, dass Andere sich für uns interessieren…
[EDIT vom 26. November 2012:
Einen weiteren wichtigen Punkt heben Park, Jin und Jin in ihrem Artikel „Motivations, Impression Management and Self-disclosure in Social Network Sites“ (2009) hervor, den ich nicht explizit erwähnt habe. Die Aufrechterhaltung von Freundchaften ist in der Regel als der Hauptgrund betrachtet, weshalb Leute sich sozialen Netzwerken im Web anschliessen. Nun ist es zum Aufrechterhalten von Beziehungen wichtig, dass das Interagieren mit den betroffenen Personen angenehm bleibt. Dafür ist es wesentlich, dass man positive Information über sich zirkulieren lässt, damit man bei unseren Freunden als offen, freundlich und fröhlich wirkt. Die Aufrechterhaltung von Freundschaften ist also, wie das Bedürfnis nach Zuegehörigkeit, ein Grund dafür, warum sich Leute in sozialen Online-Netzwerken selbstdarstellen und Impression Management-Strategien entwickeln.]
Was denken Sie? Was glauben Sie sind die Ursachen davon, dass wir uns in sozialen Online-Netzwerken selbstvermarkten?
Im nächsten Post werde ich die Theorie verlassen und in die Praxis einsteigen: inwiefern eignen sich digitale soziale Netzwerke ideal für Selbstmarketing?